
Sie sind absolute Urgesteine, haben den Verein über Jahrzehnte maßgeblich innerhalb und außerhalb des Vorstands geprägt und sind somit aus der
100-jährigen Geschichte nicht wegzudenken: Joachim Bär, Bernd Böcher, Alfred „Fredi“ Reitz sowie Wilfried Hömberger.
Wir haben mit den Vereinslegenden über ihre sportlichen Höhepunkte, legendäre Partys und natürlich persönliche Herzensmomente gesprochen.
Könnt ihr euch noch an eure Anfänge beim SV Rot-Weiss Fussingen erinnern?
Wilfried: Mein erstes Spiel hatte ich 1964 gegen Neunkirchen. Leider endete es mit einem Schien- und
Wadenbeinbruch. Trotzdem war das der Beginn meiner langen Karriere.
Joachim: Ich erinnere mich noch, wie ich als kleiner Junge zugeschaut habe, als Hausen gegen Fussingen
gespielt hat – Jugendmannschaften gab es damals noch nicht.
Fredi: Mit dem Fußball habe ich 1966 angefangen. Mein erster Einsatz in der Seniorenmannschaft kam, als
ich spontan für ein Spiel gegen Eschhofen nachgerückt bin – ein Erlebnis, das mich nachhaltig geprägt hat.
Bernd: Ich habe auch schon ganz früh angefangen. Pfarrer Reitz hat damals versucht, Fußballtalente
heranzuziehen und eine Spielgemeinschaft aufgebaut. Da habe ich dann auch mitgespielt.
Wie liefen das Training und der Spielbetrieb in euren Anfangsjahren?
Bernd: Das war alles noch sehr einfach. Im Winter haben wir auf Parkplätzen oder unter improvisierten
Lichtquellen trainiert. Schnee wurde mit Traktoren vom Platz geschoben. Für uns gab es auch kein Fussingen, sondern nur Hausen-Fussingen.
Wilfried: Die Freitagabende waren besonders: Beim „Blum“ wurde der Spielausschuss abgehalten, die
Mannschaftsaufstellung vorgelesen und die Trikots ausgeteilt.
Joachim: In der ersten Saison von Bernhard Kremer war der Schnee so hoch, dass wir mit Banden gespielt
haben. Nirgends ging man auf den Sportplatz. Aber hier, in Fussingen – am höchsten Punkt – schon!
In all den Jahren: Was waren eure größten Erfolge?
Fredi: Ein besonderes Highlight war sicher mein Spiel am 28.07.1974. Wir lagen 0:2 zurück, ich wurde
eingewechselt und schoss drei Tore. Kurz darauf wurde ich 18 – ein unvergessliches Geburtstagsgeschenk.
Joachim: Auch die Meisterschaft 1982 bleibt unvergessen. Limburg, Pfingstmontag, 35 Grad, 3.000 Zuschauer
– es war ein echtes Fußballfest! Das Spiel konnte nicht angekündigt werden, da es sich erst am Samstag entschied. Wegen technischer Schwierigkeiten begann das Spiel auch später.
Fredi: Wir wurden danach von der Musikkapelle in Fussingen empfangen. Joachim war Spielführer und hat
einfach einen Hut genommen, 20 Mark selbst reingelegt – am Ende kamen über 2.000 Mark zusammen. Selbst Kurgäste gaben Geld, weil sie dachten, es sei ein Dorfumzug. Eine legendäre Feier – erst
beim Blum, dann bei Kaafmanns.
Was zeichnet den SV Fussingen für euch besonders aus?
Bernd: Für uns gab es immer nur Hausen/Fussingen, keine Trennung. Der starke Zusammenhalt, die familiäre
Atmosphäre – das war und ist etwas Besonderes.
Wilfried: Zuschauer standen dicht am Spielfeldrand, die Stimmung war einzigartig. Gegner wie Limburg oder
Biebrich haben sich vor unseren Heimspielen regelrecht gefürchtet.
Ihr habt auch die Jugendarbeit maßgeblich mitgeprägt – wie waren die Anfänge?
Joachim: Zu Beginn war es nicht leicht. Junglehrer haben oft spontan Jugendmannschaften trainiert –
unabhängig davon, ob sie Ahnung von Fußball hatten. Doch daraus entwickelte sich etwas Großes.
Fredi: Über die Jahre wuchs daraus der Jugendförderverein und später der FC Waldbrunn. Heute betreuen wir
über 300 Kinder und Jugendliche.
Bernd: Anfang der 80er gab es auch eine sehr gute A-Jugend mit vielen hochqualifizierten
Spielern.
Fredi: Und auch überragende Trainer – es wurden immer Leute aus dem Hut gezaubert. Maßgeblich
verantwortlich waren Josef Pötsch, Wilfried Hömberger und Mike Mehr.
Wilfried: Die Erfolgsgeschichte hält bis heute an – und Fussingen hat dazu auch seinen Beitrag geleistet.
Wie haben sich der Fußball und der Verein über die Jahre verändert?
Wilfried: Der Fußball wurde professioneller. Früher haben wir einmal die Woche trainiert und dann
gefeiert. Heute ist alles strukturierter – aber die Lebensfreude ist geblieben.
Fredi: Auch die Trainingsbedingungen haben sich enorm verbessert. Aber der Geist, der Zusammenhalt – das
ist bis heute geblieben.
Joachim: Auch nach der aktiven Zeit sind viele Spieler dem Verein treu geblieben. Zum Beispiel Thomas
Scholl ist mit 27 Kassierer geworden – und es seitdem geblieben. Das ist die Grundlage für Vereinserfolg: Menschen, die sich engagieren.
Was sind aktuelle Herausforderungen für Fußballvereine – allgemein gesprochen?
Bernd: Die Gewinnung und Bindung von Ehrenamtlichen ist schwieriger geworden. Die Gesellschaft verändert
sich – aber genau deshalb sind Vereine wichtig als soziale Ankerpunkte.
Wilfried: Die Übergabe an die nächste Generation ist essenziell. Die Strukturen und Verbindungen in den
Vereinen haben sich über Jahrzehnte aufgebaut und müssen bewahrt werden.
Eine besondere Anekdote aus eurer Zeit?
Fredi: Die Konzerte bleiben legendär – Truck Stop, Purple Schulz, Münchener Freiheit. Auch die Beach
Partys waren unvergessen. Der Sänger der Spider Murphy Gang wurde bei Kaafmanns vor die Tür gesetzt, weil er permanent im Weg stand.
Bernd: Einmal hatten wir Klaus Lage zur Generalprobe in Hausen – ein einmaliges Erlebnis, weil er sonst
unbezahlbar gewesen wäre.
Joachim: Oder Skifahren am Gardasee, Bootsausflüge, Wasserski – es gibt jede Menge chaotische, aber schöne
Erinnerungen. Die Partys finanzierten unsere Ausflüge. Die Hauser Halle platzte aus allen Nähten. Es war und bleibt eine unvergessliche Zeit.
Was wünscht ihr dem SV Fussingen für die Zukunft?
Alle: Dass der Verein sich seine Offenheit, seinen Zusammenhalt und seine Begeisterung bewahrt – und dass noch viele Generationen diese einzigartige Gemeinschaft erleben dürfen.
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